Es ist doch aber mein Kind

Alles begann damit, dass ich von zu Hause ausgezogen bin um meine Lehre anzufangen. Ich hatte in meinem neuen Zuhause noch eine gute Woche Zeit um mich einzugewöhnen und um die neue Stadt kennen zu lernen.

Nach ein paar Tagen viel mir auf, dass meine Periode schon ziemlich lange überfällig war. Schließlich machte ich einen Schwangerschaftstest, der fiel positiv aus. Ich war total happy. Ich schrieb meinem Freund eine Nachricht und teilte ihm die freudige Nachricht mit. Wir waren uns einig erst einmal niemanden etwas zu sagen, doch leider hielt ich mich nicht daran. Ich erzählte es meiner Mutter, was ein fataler Fehler war.

Sie sagte mir, dass sie mir die Unterschrift für eine Abtreibung gibt, bis zu diesem Moment hatte ich mit keiner Silbe an Abtreibung gedacht. In meiner Verzweiflung vertraute ich mich einer Freundin aus dem Wohnheim an, Conny. Sie hörte mir zu ohne voreilig ein Urteil zu fällen. Conny fragte mich wie ich eigentlich darüber denke, was ich möchte, ich sagte ihr, dass ich das Kind behalten möchte.

Es ist doch mein Kind!

Sie versuchte mich auf die richtige Bahn zu bekommen, mir begreiflich zu machen, dass es hier um mich und mein Kind geht und um niemanden anderes. Doch ich hatte wahnsinnige Angst vor meiner Mutter und meinem Vater. Ich wusste, ich schaffe es nicht mich durchzusetzen. Es würde alles so ablaufen wie sie das wollen.

Die Enttäuschung über die Aussage meiner Mutter hatte mich sehr schockiert. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte, schließlich teilte ich es Peter, meinen Freund, mit.

Meine Mutter fing an mich jeden Tag anzurufen und mich unter Druck zu setzen. Ich war fertig, wusste nicht mehr was ich machen sollte. Conny holte für mich einen Termin beim Arzt, sie begleitete mich mit dort hin. Der Doc bestätigte mein Ergebnis: Ich war in der siebten Woche schwanger. Er gab mir eine Woche Zeit mich zu entscheiden ob ich es behalte oder wegmachen lasse. Er gab mir noch ein Ultraschalbild mit. Ich habe fürchterlich geweint.

In dem Augenblick habe ich mir gewünscht ich hätte mehr Selbstbewusstsein um meine Meinung durchzusetzen. Ich war immer gegen Abtreibung, habe Frauen vorschnell verurteilt, die es taten und nun steckte ich selber in solch einer Situation.

In der Zwischenzeit machte meine Mutter weiter, rief mich an und setzte mich unter Druck.Es kamen Aussagen von ihr wie: "Du brauchst keine Zeit. Hast du endlich einen Termin gemacht? Denk dran du hast nicht mehr viel Zeit." Es war die Hölle. Ich fing an viel zu rauchen.

Solche Anrufe kamen täglich, ich war fertig. Ich glaube, das schlimmste war als eine Arbeitskollegin von ihr zu mir sagte: "Merkst du nicht, dass du deine Mutter damit total fertig machst? Sie hat doch so schon Ärger mit deinem Vater. Das weißt du doch!" Ich dachte ich spinne. Jetzt war ich diejenige, die meine Mutter fertig macht!! Von da an ging es immer mehr Berg ab mit mir. Seelisch war ich schon fast tot. 

Ich wusste nicht was ich tun sollte. Dann war noch der Stress auf Arbeit, der mir aber irgendwie als Nebensache erschien.

In der Zwischenzeit machte meine Mutter weiter und setzte mich wahnsinnig unter Druck. Dann kam die Angst vor der Reaktion meines Vaters dazu, wenn er etwas mit bekommt. Alles würde raus kommen meine Beziehung mit Peter der 15 Jahre älter als ich ist. Ich hatte einfach nur Angst.

Schließlich ging ich zum Arzt und holte mir die Unterlagen und Adressen für die Abtreibung und Beratungsgespräch ab.

Ich teilte Peter mit das ich unser Kind nicht behalten würde. Er sagte er würde zu mir stehen egal was ich mache. Er hatte auch Angst vor der Reaktion meines Vaters.

Als der Termin für das Beratungsgespräch feststand ging ich mit gemischten Gefühlen hin. "Tue ich das richtige? Sollte ich nicht lieber auf mein Herz statt auf meine Mutter hören?" Wie es Conny schon gesagt hatte. Mir ging das Gespräch mir ihr nicht mehr aus meinem Kopf. Ich weiß noch wie sie zu mir sagte: "Die erste Entscheidung ist meist die richtige!!"

Nach dem Gespräch war ich soweit zu sagen:"Es ist mein Kind, ich will es behalten!!" Doch leider sah das Peter anders. Er hatte sich damit abgefunden, dass ich es nicht behalte. Er sagte:"Och ne Monic!" Ich war geschockt!!

Ich wusste jetzt gar nicht mehr was los war, ich war nur noch am Weinen.

In den drei Tagen in den ich Zeit hatte bis zur Abtreibung, lies ich mir einen Termin bei dem Arzt geben der den Eingriff machte.

Der Termin stand fest. Peter kam zu mir um mich zu begleiten. Ich war irgendwie froh, dass er da war, aber ich hatte Angst, wahnsinnige Angst, was ich ihn aber nicht sagte.

Ich tat alles wie im Trance, beantwortete alle Fragen, unterschrieb alles.

Als es dann los ging, fragte mich der Arzt, in der wievielten Woche ich sei. Ich sagte in der zehnten. Als er sagte, nein du bist in der zwölften, dachte ich schon mit voller Freude er würde den Eingriff nicht mehr machen. Aber ich hatte mich getäuscht, er tat es trotzdem. Als ich doch noch alles ändern wollte war es zu spät, die Narkose wirkte bereits.

Als ich aufwachte, wusste ich gar nicht was ich eigentlich getan habe. Ich begriff es erst als wir bei Peters Bruder waren und ich im Bett lag. Langsam fing ich an zu begreifen was ich eigentlich getan habe.

Ich hatte mein eigenes Kind umgebracht!!!!!

Die nächsten Tage waren die reinste Qual. Ich hatte zu nichts Lust, wollte nur meine Ruhe. Ich war sauer auf mich, wütend auf meine Mutter und enttäuscht von Peter. Die meiste Zeit habe ich versucht es zu verdrängen.

Dann war da noch das kleine Kind von Peters Bruder, ich war fertig wusste nicht ein noch aus.

Die Tage gingen vorüber und ich fuhr wieder mit Peter zu mir. Doch an demselben Abend musste Peter wieder nach Hause da er nicht so viel Urlaub genommen hatte.

Ich saß nun im meinem Zimmer, allein, meine Augen verquollen vom vielen weinen.

Ich rief Peter an und sagte ihm, dass ich es nicht schaffe damit fertig zu werden, die Vorwürfe und Schuldgefühle fraßen mich fast auf. Ich wollte Schluss machen mit Allem was mich damit in Verbindung brachte, aus der Stadt raus und meine Lehre schmeißen. Am nächsten Tag rief ich Peter noch mal an und teilte ihn meine Entscheidung mit, er versuchte mich erst einmal zu beruhigen und schlug mir vor, dass wir doch eine gemeinsame Wohnung beziehen könnten.

Ich war einverstanden und rief meine Mutter an und sagte ihr was ich vorhatte. Von dieser Entscheidung konnte sie mich nicht abbringen.

Am nächsten Tag kündigte ich mein Zimmer im Wohnheim und meine Lehre fristlos.

Ich rief meine Cousine an und sagte auch ihr was ich vorhatte. Da meine Eltern sich gestritten hatten und meine Mutter bei meiner Oma wohnte, schlug mir Michelle vor erst einmal zu ihr zu kommen. Alles lief heimlich ab, mein Vater sollte ja nichts mitbekommen, ich war ihr sehr dankbar, dass sie mich erst einmal aufgenommen hatte.

Letztendlich kam es doch raus, dass ich wieder da bin. Mein Vater rief bei Michelle und bat sie darum mir den Hörer zu geben ohne mir zu sagen wer dran war. Das tat sie auch und ich sagte ihn, dass wir das heut Nachmittag klären, was passiert ist.

Ich zog zurück nach Hause erklärte meinem Vater was passiert sei und sagte ihm auch dass ich mit Peter zusammen sei und was wir vorhatten. Er reagierte erschrocken ruhig. Ich dachte eher er dreht komplett durch, aber er tat es nicht sondern respektierte meine Entscheidung.

Ich war das erste mal stolz auf mich, endlich hatte ich mal auf mein Herz gehört.

Es dauerte nicht lange und Peter hatte eine Wohnung für uns gefunden. Wir haben sie gemeinsam eingerichtet und sind bald eingezogen.

Mittlerweile kommen meine Eltern ganz gut damit zu recht, dass ich mit Peter zusammen bin.

Ich versuchte verzweifelt alles zu verdrängen. Doch es gelang mir nicht im Geringsten. Im Gegenteil es wurde immer schlimmer, ich machte mich selber fertig, machte mir Vorwürfe und fing an meine Mutter dafür zu hassen. Was ich ihr aber nie ins Gesicht sagte. Peter litt sehr darunter, dass es mir so schlecht ging.

Später lies ich mir einen Termin bei einer Psychologin geben um eine Therapie zu machen.

Ich brach meine Therapie schnell wieder ab, weil ich keine Erfolge sehen konnte, im Gegenteil es wurde schlimmer.

Ich hatte noch oft Zusammenbrüche, wo ich dachte es geht nicht weiter. Doch ich habe einen wahnsinnig lieben Mann an meiner Seite, der mir zuhört - auch heute noch, denn ich habe

immer noch Probleme, aber ich weiß, ich habe einen Menschen an meiner Seite der mir hilft darüber zu reden und zuverarbeiten.

Wir wollen bald heiraten und eine Familie gründen. Auf diesem Weg möchte ich mich bei Peter bedanken dass er immer zu mir gehalten hat.

Hätte ich damals auf mein Herz gehört würde es mir heute besser gehen, aber ich bin dadurch reifer geworden Peter und ich sind uns viel nähen gekommen, dieses Ereignis hat uns zusammengeschweißt. Wir sind gewachsen genau wie unsere Liebe.

Namen habe ich bereits geändert. Sie können den Bericht veröffentlichen.
Liebe Grüße